«Schweiz war die Ruhe vor dem Sturm»

Gemälde des Künstlers Taleh Mirkazim

Luke Grenfell-Shaw ist ein bemerkenswerter junger Engländer. Trotz der zerschmetternden Diagnose Krebs und dem Todesfall seines Bruders sagte er «Ja» zum Leben: Am 1. Januar 2020 setzt er sich auf sein Tandemvelo und bricht auf zu einer langen Reise. Von seiner Heimatstadt Bristol im Südwesten Englands will er bis nach Peking. 4000 Kilometer später hat ihn diese Zeitung in Interlaken getroffen, als er auf seinen drei Rädern ins Berner Oberland angeradelt kam.

Im Gespräch sprach er von seiner Einstellung eines «CanLiver». «Ich bin nicht jemand, der den Krebs überlebt hat», sagte er damals. «Ich bin jemand, der mit Krebs lebt.» Sein Projekt nennt er «Bristol2Beijing» (Deutsch: «(von) Bristol nach Peking»). Er will der Welt zeigen, dass es möglich ist, aktiv zu bleiben, und wie heilend Bewegung sein kann.

Der Grund des Tandems: Er bietet Menschen, die wie er mit Krebs leben, einen Sitzplatz an und will sie dazu motivieren, einen Teil der Reise mit ihm mitzufahren. Auf der Fahrt besucht er Institutionen im Bereich der Krebstherapie und sammelt Geld für Organisationen, die Betroffene unterstützen.

Sightseeing in Baku. Foto: Jungfrau Zeitung

Zurzeit in Usbekistan

Doch was ist seither geschehen? Zurzeit habe er die Grenze nach Usbekistan überquert, wie er auf Anfrage dieser Zeitung schreibt. «Ich habe es vor Kurzem endlich geschafft, die Fähre von Aserbaidschan nach Aktau in Kasachstan zu erwischen, und bin nun nach Usbekistan durchgeradelt.»

Er sei immer noch sehr fit und motiviert unterwegs. «Ich versuche, ein Gleichgewicht beim Radfahren zu halten. Ich bin nicht jeden Tag unterwegs. Also gibt es Zeiten, in denen ich mich sowohl körperlich als auch geistig von der Zeit auf dem Rad erhole.» Die letzten paar Tage in Kasachstan seien sehr heiss gewesen und hätten sicherlich mehr Kraft gekostet.

Zudem kam vergangenen Monat eine kurze Biografie über sein Projekt raus. Grenfell-Shaw wurde vom Filmregisseur Mike Rumsey auf seinem Weg durch die Ukraine begleitet, der die Geschichte von dem jungen Tandemfahrer und seinen täglichen Herausforderungen erzählt.

Nach Oberland kam die Rückreise

Auf die Frage, wie ihm die Schweiz und das Berner Oberland gefallen haben, schreibt Grenfell-Shaw: «Wunderschön». Denn in der Retrospektive sei es die Ruhe vor dem Sturm gewesen. «Ich konnte nicht ahnen, dass ich innerhalb von ein oder zwei Wochen nach dem Interview wieder in Grossbritannien sein würde, wo die Fahrt wegen Covid auf Eis gelegt wurde.» Er habe das Land als einen sehr schönen Ort in Erinnerung, mit netten Leuten und wunderbarem Radfahren, «aber ein sehr bizarrer Punkt auf der Reise, kurz bevor alles aufhörte.»

Nun habe er als nächste Stationen die anderen Städte der Seidenstrasse im Visier: Chiwa, Buchara, Samarkand, und dann gehe es weiter durch Zentralasien, schreibt Grenfell-Shaw.

Jungfrau Zeitung

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