Das Mausoleum Sieben Kuppeln befindet sich neben dem Dorf Galakhan in Schamakha. In der freien Luft stehen hier in Grün und Wiesenblumen die achteckigen Mausoleen des 17. Jahrhunderts. Die Leute kommen hierher um zu meditieren, über den Sinn des Lebens nachzudenken und die Harmonie der Welt zu bewundern. Früher war das ein Wallfahrtsort für die Sufis, die sich für die Kommunikation mit dem Schöpfer in die Gräber zurückzogen; sie glaubten, dass hier die Mitglieder der Sufi-Bruderschaft beerdigt sind.
Tatsächlich steht an einem der Eingänge des Mausoleums geschrieben, dass es das Grab von Scheich Ibrahim ist, einem Nachkommen des berühmten Ordens der Tschilkej-Scheichs. Bedauernswerterweise war es bis jetzt nicht gelungen festzustellen, wem die anderen Begräbnissstätten gehören. Von neun Mausoleen überlebten bis in unsere Tage nur sieben, das achte ist fast zerstört, vom neunten sind nur kleine Reste zu sehen. Auf der Gravüre des Besuchers aus den Niederlanden, Cornelis de Bruin, der sich im 17. Jahrhundert in Aserbaidschan aufhielt, können wir erkennen, wie der gesamte Komplex ursprünglich aussah.
Die Mausoleen im Bezirk Gabala wurden einige Jahrhunderte zuvor erbaut. Trotz Altersunterschied und Entfernung sehen diese fast genauso aus wie in Galakhan. Beide Komplexe verbindet die Schirwan-Abscheron- Schule für Architektur und Mystik, die vom Sufismus inspiriert wurde. Anders als in Galakhan, wo die Mausoleen in einer Weite stehen, sind hier die Gräber in einem dichten Wald versteckt, wo immer eine ehrfurchtgebietende Stille herrscht. Dieser Ort ist bekannt seit undenklichen Zeiten, hier sind viele uralte Gräber, einige davon aus der Zeit des Kaukasischen Albania.
Auf den Mausoleen in Gabala sind vorislamische Symbole sowie Hexagramme zu sehen. Der sechseckige David-Stern auf den Gräbern der Khasaren zeigt, dass diese wirklich zu den Juden gehörten, die hier lebten. Die Khasaren-Juden waren wie viele andere Völker ein Teil des multinationalen kaukasischen Albania mit der Hauptstadt Gabala. Spätere islamische Grabsteine sind kunstvoll mit Pflanzenelementen und heiligen Inschriften verziert. In der Regel duplizierten die geometrischen Muster und floralen Ornamente (nabati) die dekorativen Elemente, die in der angewandten Kunst, wie der Stickerei und Teppichweberei, verwendet wurden. Das sind Medaillons, Buta, vieleckige Sterne, Tapisserie und ähnliches. Wenn Sie genau hinschauen, können Sie die Abbildung eines geflügelten Pferdes und andere sehr interessante Abbildungen sehen. Auf den Grabsteinen der Männer findet man am häufigsten die Abbildungen von Pferden, Vögeln, Waffen und Gebetsutensilien. Auf den Grabsteinen der Frauen kann man Abbildungen von Schmuck (Ohrringe, Perlen, Armbänder, Ringe) sowie von Spiegeln, Antimonflaschen, Kämmen und ähnliches sehen. Alle diese Symbole waren nicht nur Dekoration, sondern sprachen auch über den sozialen Status des Verstorbenen, sein Leben und seinen Beruf. Dass entschieden wurde, die Sufi-Scheichs hier zu begraben, war offensichtlich kein Zufall. Ein Wald, in dem es verboten wurde, sogar den Pflanzen zu schaden, wurde für heilig erklärt, nachdem hier die Gräber entstanden waren. Die Pilger begannen hierher zu kommen, um für die Gesundheit ihnen Nahstehender zu beten. Anscheinend wurden neben den Gräbern der Gerechten die Gebete mit einem besonderen Gefühl und Glauben gebracht, und deshalb sind so viele dankbare Menschen immer wieder hierher zurückgekehrt. Über die hier begrabenen Scheichs selbst ist fast nichts bekannt, aber man kann nach der Grossartigkeit der Mausoleen es so verstehen, dass diese sehr hoch angesehene Persönlichkeiten waren. An der Kuppel des ältesten Mausoleums steht geschrieben: „Dies ist das heilige Grab von Scheich Badraddin, dem Sohn von Scheich Schamsaddin, dem Gott Gehorchenden. Möge dieses Land für sie sauber sein! Gestorben am 13. des Monats Zul Gada des Jahres 850. Geschrieben von Scheich Sultan.“ Nach dem Gregorianischen Kalender ist dies 1446, die anderen drei Mausoleen sind im 16. Jahrhundert erbaut. Eins von ihnen ist nicht zu identifizieren, die beiden anderen gehören Scheich Mohammed und Scheich Mansur. Alle Mausoleen sind im gleichen Stil gefertigt klare geometrische Formen, lakonisches, aber sehr anmutiges Ornament, das eine Kitabe bildet (Tafel mit Inschriften auf Arabisch). Der Eingang zum Grab von Scheich Mansur ist mit einer Inschrift aus dem Koran geschmückt:
„Denkt nicht an denjenigen, die ihr Leben auf Gottes Weg verloren haben, dass sie tot sind. Sie werden von Gott belohnt.“ – „Dieses Grab des gnädigen Scheichs Mansur wurde während der Herrschaft des grossen und mächtigen Sultans Scheich Ibrahim errichtet. Möge der Allmächtige seiner Herrschaft die Ewigkeit schenken. Möge Gott dieses Grab beleuchten!“ Auf dem Mausoleum von Scheich Mohammed ist angegeben, dass er der Sohn von Scheich Barik war und während der Regierungszeit des Schah Tahmasib (Tahmasp) gelebt hatte (16. Jahrhundert nach dem Gregorianischen Kalender). Obwohl dies ein Friedhof ist, ist das Gefühl von ihm märchenhaft, als ob man in ferne Zeiten versetzt wird, in denen all diese Menschen gelebt haben. Nicht umsonst kommen bis heute Pilger und Touristen hierher. Man sagt, dass dieser Ort von Liebhabern der Esoterik und spirituellen Praktiken ausgewählt wurde. Sonnenstrahlen, die durch die alten Bäume durchbrechen und die Kuppeln der Mausoleen erleuchten, fügen eine noch mehr statische Aura zu diesem Wald hinzu. Sicherlich werden die Wissenschaftler in Zukunft die Begräbnisse des Khasar-Walds noch gründlicher studieren, und wer weiss, welch erstaunliche Entdeckungen dieser Ort noch bringen wird.
Von Sabina Tumanskaja
IRS