Leyla Mammadbeyova – Die erste Pilotin im Kaukasus, in Südeuropa und in Westasien

Leyla Məmmədbəyova

Füzuli mit Faltenstirn, Busch in den Brauen,

Medschnun in die Liebe zu Leyla liess stürzen,

Die Tränen auch fliessen aus sehnendem Schauen.

Historiker damit ihre Bücher sich würzen.

Zwei liebende Herzen, zwei fühlende Herzen:

Im steinernen Käfig ein jedes sich fand,

Die Liebe war Grund für des Liebenden Schmerzen,

Ein finsterer Vorhang gespannt war am Band.

Medschnun war noch jung und das Glück ihm vertraut,

Doch war in der Wüste am Ende sein Ort,

Von Vögeln ein Nest auf dem Kopf ihm gebaut.

Ein Ozean Leyli aus Augen floss fort.

 

Füzuli çataraq sıx qaşlarını,

Leylinin eşqinә saldı Mәcnunu.

Axıtdı hәsrәtlә göz yaşlarını,

Bizә xәbәr verir tarixlәr bunu.

Sevişәn iki qәlb, duyan iki qәlb,

Döyünüb çırpındı daş qәfәslәrdә…

Aşiqin dәrdinә “eşq oldu sәbәb”.

Asıldı ortadan bir qara pәrdә,

Mәcnunun bәxtiyar vә gәnc yaşında,

Axır qәrargahı oldu biyaban;

Quşlar yuva saldı onun başında,

Leylinin gözündә bulandı ümman…

Sәmәd Vurğun (1906-1956)

Sәmәd Vurğun gilt als einer der bekanntesten aserbaidschanischen Dichter der sowjetischen Periode. Dies ist der Anfang seines Gedichts Leyla, das 1935 zum ersten Mal erschien.

Gemeint ist Leyla Әlәsgәr qızı Mәmmәdbәyova (1909-1989), die erste Pilotin Aserbaidschans, Transkaukasiens, Südeuropas und Südwestasiens. Sie flog auch als Kampfpilotin im Grossen Vaterländischen Krieg mit und wurde schon zu Lebzeiten zur Legende. Der Text romantisiert die Figur der Flugpionierin mit Hilfe ihres Vornamens, der eine Variante des Namens der weiblichen Hauptfigur in Füzulis (ca. 1480-1556) Verserzählung „Leyli und Medschnun“ ist.

Leyla_Mammadbeyova_(crop)Meine erste Begegnung mit der aserbaidschanischen Fliegerlegende fand in der Nacht des 25. Novembers 2000 statt. Ich wohnte damals im nach dem sowjetischen Kriegshelden und Held der Sowjetunion Hәzi Әhәd oğlu Aslanov (russisch Azi Agad ogly Aslanov, 1910-1945) benannten Gecekondu-Viertel Bakus, als plötzlich die Erde bebte. Der Untergrund verwandelte sich in Pudding, der Strom fiel aus, mein Wirt und ich rannten vor die Hütte. Als wir reinkamen, war das Einzige, was in der Dunkelheit noch lief, ein kleines batteriebetriebenes Radio. In ihm lief unter anderem ein Radiofeature über Leyla Mәmmәdbәyova, in dem sie auch selber sprach. Ich war fasziniert von ihrer Geschichte, aber mindestens ebenso von ihrem lupenreinen, melodischen Literatur-Aserbaidschanisch. Aus ihrer gepflegten Diktion und dem reichhaltigen, bilderreichen Wortschatz sprach unzweifelhaft der Geist der klassischen aserbaidschanischen und orientalischen Literatur. Das ist noch eine Verbindung, die zwischen Füzulis Leyli und Leyla Mәmmәdbәyova besteht.

In der ersten Zeile des Textes, den ich benutzt habe, heisst es im Original qaşlannı, was ich zu qaşlarını emendiert habe.

Aserbaidschanischer Originaltext nach: „Füzuli sәnәtkarlığı“ von Mir Cәlal (Baku 2018, Çaşıoğlu-Verlag, ISBN 9789952274608) Seite 341.

© Deutscher Text Michael Reinhard Hess

 

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