Der nächste Bergregion zu Baku in Aserbaidschan ist Khizi. Viele Touristen zieht es hierher, um die ungewöhnlich gefärbten Berge zu sehen, die oft wegen ihrer Ähnlichkeit mit diesem Mineral als “Achate” bezeichnet werden. Ähnliche bunte Berge sind auch in China und Südamerika bekannt. Um die Berge der Region Khizi zu bewundern, muss man nur etwas mehr als 70 Kilometer nördlich von Baku auf der Autobahn zurücklegen und die Dörfer Giläzi und Tazakend erreichen. In diesem Abschnitt rücken die Berge so nah an die Strasse heran, dass es unmöglich ist, ihre Details zu übersehen.
Rot, braun, gelb, orange – jedes Mal anders – so präsentieren sich die Gipfel dieser Berge dem Betrachter. Die Intensität der Farben hängt vom Wetter und der Tageszeit ab. Die hellsten Farben zeigt die Bergkette bei sonnigem Wetter früh am Morgen. Diejenigen, die sich nicht nur mit Fotosessions am Strassenrand begnügen, sondern den Aufstieg auf den Berg wagen, werden mit einem grossartigen Panorama belohnt und können die Berglandschaft aus nächster Nähe kennenlernen. Diese Berge bestehen aus alten Sedimentgesteinen, die durch Erosion freigelegt wurden. Die freiliegenden Mineralienlagerstätten sind als sogenannte jurassische Tone bekannt. Wenn man genau hinsieht, kann man viele graubraune, längliche Fragmente unter den Füssen entdecken. Diese steinähnlichen Objekte, die wie gesprungene Kugeln aussehen, sind die Überreste von Belemniten, Kopffüssern, die in der Jurazeit hier lebten. Diese Region war also einst Meeresboden.
Neben den ausgestorbenen Tieren gibt es hier auch lebende: Man kann Schlangen und Springmäuse sehen. Wie in allen Bergen können hier gefährliche Spalten auftreten, daher ist es besser, mit einem Partner zu gehen und unbedingt Wanderstiefel zu tragen. Im Sommer ist eine Kopfbedeckung notwendig, da man mehrere Kilometer zurücklegen kann, ohne Schatten zu finden. Nachts sollte man sich hier nicht aufhalten, da die Wahrscheinlichkeit gross ist, auf Hirtenhunde zu treffen, die Schaf- und Rinderherden bewachen. Auf den ersten Blick scheint die Gegend unbewohnt, aber dieser Eindruck täuscht. Nur ein paar Kilometer von der verlassenen Bergkette entfernt, direkt an der Strasse, befindet sich das Gedenkmuseum des berühmten Dichters Mikhayil Mushfig, der in dieser Gegend geboren wurde und oft als “aserbaidschanischer Yesenin” bezeichnet wird. Beide Dichter lebten zur gleichen Zeit, beide glänzten mit einem hellen Talent und beide starben im Alter von 30 Jahren. Mikhayil Mushfig wurde Opfer der stalinistischen Repressionen und 1938 hingerichtet. Der Grossteil seines Erbes wird in Baku aufbewahrt, aber auch in diesem bescheidenen Museum kann man sich ein klares Bild davon machen, wer Mikhayil Mushfig für sein Volk war und welchen Einfluss er auf die aserbaidschanische Literatur hatte. Gegenüber dem Museum, auf einem Hügel, steht eine symbolische Figur der Tar, des Lieblingsmusikinstruments des Dichters, um dessen Schicksal er sich so sehr sorgte. Die grossen Buchstaben OXU verweisen auf das berühmte Gedicht “Sing, Tar!” (Oxu, Tar!).
In der Region Khizi gibt es neben der malerischen Natur noch mehr zu sehen. Zum Beispiel das Ferienhausdorf Gyzyl-Gazma, das in Grün und Blumen eingebettet ist, wo man an einem kleinen See sitzen oder einfach die Umgebung geniessen kann. Auf dem Rückweg nach Khizi kann man einen Teil des Altyaghach-Nationalparks sehen. Die Strasse führt durch einen malerischen Wald, der die Hänge vor Erosion schützt. Hier kann man stundenlang spazieren gehen und den Gesang der Vögel und die Kühle geniessen. Von der Strasse aus bietet sich ein wunderbarer Blick auf den dichten Wald und die Dörfer im Tal. Je näher man Khizi kommt, desto weniger Grün gibt es. Zwischen den kahlen Sandflächen findet man hier und da grüne Oasen.
Die Stadt Khizi selbst ist klein, aber ordentlich und gemütlich. Die Menschen in dieser Gegend sind sehr fleissig und betreiben unter schwierigen Bedingungen Ackerbau und Viehzucht. Zu den Sehenswürdigkeiten gehört das Mestani-Bad, das in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts erbaut wurde. Im Inneren des Bades gibt es zwei Räume, in einem davon sind in den Nischen spezielle Behälter für kaltes und warmes Wasser installiert, von wo aus das Wasser über Rohre in alle Räume verteilt wurde. An der Decke sind geometrische und pflanzliche Ornamente erhalten geblieben. Das Bad ist in einem relativ guten Zustand und könnte bei Bedarf restauriert werden.
Vor der Abreise sollte man sich noch einmal von der aussergewöhnlichen Landschaft der Berge hier verzaubern lassen. Solche atemberaubenden Landschaften gibt es jedoch überall in Aserbaidschan.
Fotos und Text: Sabina Tumanskaya
Übersetzt ins Deutsche von irs-az.com