Die aserbaidschanische Nationalkleidung ist eines der wichtigsten Elemente, das das reiche kulturelle Erbe, den ausgeprägten Geschmack und die historischen Traditionen unseres Volkes widerspiegelt. Die für jede Region typischen Trachten ziehen nicht nur durch ihre ästhetische Schönheit Aufmerksamkeit auf sich, sondern spiegeln auch die Lebensweise, den sozialen Status und die ethnografischen Besonderheiten der Menschen wider. Obwohl sich die aserbaidschanische Nationalkleidung im Laufe der Geschichte unter dem Einfluss verschiedener Epochen entwickelt hat, bewahrte sie stets ihre Einzigartigkeit. Heute zählt die Bewahrung und Weitergabe dieser traditionellen Kleidung an zukünftige Generationen zu den wichtigsten kulturellen Aufgaben. Darüber sprach in einem Interview mit AZERTAC die führende wissenschaftliche Mitarbeiterin des Instituts für Folklore der Nationalen Akademie der Wissenschaften Aserbaidschans, Doktorin der Philologie und Dozentin Ilhama Gasabova.
Beim Gespräch über die charakteristischen Merkmale der Karabach-Trachten betont Ilhama Gasabova, dass sich die Kleidung in verschiedenen historischen Epochen unter dem Einfluss der Lebensweise, wirtschaftlichen Aktivitäten, natürlichen und geografischen Bedingungen sowie des ästhetischen Geschmacks des Volkes herausgebildet und weiterentwickelt hat. Bemerkenswert ist, dass die Kleidung nicht nur alltäglichen Bedürfnissen diente, sondern auch den sozialen Status, den Familienstand und sogar die Altersgruppe einer Person erkennen liess. So bevorzugten junge Mädchen leuchtendere und auffälligere Farben, während ältere Frauen eher dunkle Töne wählten. Besonders hervorzuheben sind die dekorativen Elemente der Karabach-Kleidung: kunstvolle Stickereien und mit Gold- und Silbermünzen verzierte Čepken (besticktes Damenoberteil mit langen, geschlitzten Ärmeln) gehören zu den markanten Merkmalen dieser Trachten.
– Ilhama Khanım, welche Unterschiede gab es zwischen den Elementen der Frauen- und Männerkleidung in Karabach?
– Die Frauenkleidung in Karabach war in zwei Hauptkategorien unterteilt: Unterwäsche und Oberbekleidung. Zur Unterwäsche gehörten Kleidungsstücke wie Mayka (Unterhemd), Pantalon (Unterhosen) und Jütbalag (weite Hosen), die bequem und weit geschnitten waren, um die Bewegungsfreiheit der Frauen nicht einzuschränken. Die Oberbekleidung wurde meist aus hochwertigen Stoffen wie Satin, Tirna (dünnes handgewebtes Woll- oder Seidengewebe) und Zarxara (Brokat) gefertigt und mit Ornamenten und Stickereien verziert.
Die Männerkleidung hingegen war schlichter und strukturierter. Männer trugen Hemden, Jübbe (Mäntel), Tschucha (eine Oberbekleidung mit Stehkragen und halblangen Ärmeln, die bei einigen kaukasischen Völkern verbreitet war) und Kaftane. Diese Kleidungsstücke wurden so gestaltet, dass sie nicht nur bequem waren, sondern auch den sozialen und militärischen Anforderungen der Zeit entsprachen. Die Tschucha war eines der wichtigsten Kleidungsstücke für Männer und existierte in verschiedenen Varianten, darunter die gewöhnliche Tschucha und die neunteilige Version. Unter den Kopfbedeckungen waren Tschalme, Dolbend (eine tulpenförmige Kopfbedeckung), Börk und Küläch (beide Varianten der traditionellen Papacha) besonders verbreitet.
– Sie sprachen über Farben und Ornamente der traditionellen Kleidung in Karabach…
– Die Farbe spielte eine entscheidende Rolle in der Karabach-Kleidung. Junge Bräute und Mädchen trugen hauptsächlich Rot, Grün und Blau. Ältere Menschen bevorzugten Blau-, Dunkelbraun-, Violett- und Schwarztöne. Zu den beliebten Ornamenten in der Karabach-Region gehörten Mond und Sonne, Sterne, Buta (Paisley-Motiv), Blütenknospen und Agramant-Muster. Die mit Münzen besetzten Čepken waren seit dem 17. Jahrhundert ein unverzichtbarer Bestandteil der Frauenkleidung. Diese Oberteile wurden mit Perlen und kleinen Anhängern verziert.
– Welche Stoffe und Materialien wurden für die traditionellen Kostüme verwendet?
– Bei der Herstellung von Karabach-Kleidung wurden hochwertige Stoffe bevorzugt. In der Frauenkleidung wurden edle Stoffe wie Satin, Brokat und Kanaus verwendet. Für Alltagskleidung waren hingegen weiss gefärbte Stoffe mit Mitkal (eine Baumwollart), Baumwolle und Satin verbreitet. Männerkleidung bestand vorwiegend aus Wolle und Samt, da diese Stoffe sowohl gegen Kälte als auch gegen Hitze beständig waren und somit den klimatischen Bedingungen Karabachs entsprachen.
Die Karabach-Kleidung wurde in zwei Hauptkategorien unterteilt: Alltags- und Festkleidung. Alltagskleidung war einfach, praktisch und bequem, aus Baumwolle oder Wolle gefertigt und meist ohne oder mit minimalen Verzierungen. Fest- und Hochzeitskleidung hingegen war luxuriös, mit Goldstickereien versehen und aus Satin, Samt und Brokat gefertigt. Das Brautkleid war besonders prachtvoll und wurde mit höchster handwerklicher Präzision gefertigt.
– Wahrscheinlich wurde auch den Accessoires in diesen Trachten besondere Aufmerksamkeit geschenkt?
– Accessoires spielten eine wichtige Rolle in der Karabach-Kleidung. Unter den weiblichen Kopfbedeckungen waren Tadj (Krone), Tessek (Tübeteika), Tschutgu (Haube), Aragchin (eine weitere Art der Tübeteika), Dinge (eine Kopfbedeckung, ähnlich der russischen Kokoschnik), Rubend (Schleier), Tscharschab (Tschador), Duwag (Brautschleier) und Kelaghai (Seidenschal) weit verbreitet. Besonders beliebt waren mit Münzen verzierte Aragchin-Mützen.
Für Männer war die Kopfbedeckung ein Symbol der Ehre. Der Verlust oder Verkauf einer Kopfbedeckung galt als Schande. Frauen trugen zudem feine Halsketten, Ohrringe und goldene Gürtel. Gold- und Silberelemente waren ein unverzichtbarer Bestandteil der Kleidung wohlhabender Frauen.
– Welche Massnahmen werden ergriffen, um unsere Nationalkleidung für zukünftige Generationen zu bewahren?
– Heute werden ernsthafte Massnahmen zur Bewahrung und Weitergabe der Karabach-Trachten an zukünftige Generationen ergriffen. So werden im Nationalmuseum für Geschichte Aserbaidschans seltene Kleidungsstücke aufbewahrt, darunter Gewänder, die Churschidbanu Natavan gehörten. Zudem trägt die Wiederbelebung der Karabach-Kleidung im Theater und Kino sowie deren Präsentation in Volkstänzen und auf nationalen Veranstaltungen zu ihrer Erhaltung bei.
Die Karabach-Tracht ist nicht nur ein Ausdruck von Kultur, sondern auch ein wertvolles Erbe, das die Identität und das ästhetische Weltbild unseres Volkes verkörpert. Es ist unsere Pflicht, dieses Erbe zu bewahren und an zukünftige Generationen weiterzugeben.