„Das Hauptziel besteht nicht nur darin, das unauslöschliche Erbe von Nasimi als einen der größten Denker der Menschheitsgeschichte zu ehren, sondern auch seine tiefgründigen Gedanken über die menschliche Natur und den Sinn des Lebens aufzuzeigen“, sagte Konstantin Doroshenko, der Kurator der Ausstellung, gegenüber AZERTAC.
Inspiriert von einer zeitgenössischen Interpretation der Philosophie Nasimis, präsentiert die Ausstellung Skulpturen, Installationen und audiovisuelle Projekte, die von YARAT in Auftrag gegeben wurden. Zu den teilnehmenden Künstlern gehören die aserbaidschanischen Künstler Tarlan Gorchu und Orkhan Huseynov, sowie Mladen Milyanovic (Bosnien und Herzegowina) und Pavla Nikitina (Tschechische Republik). Darüber hinaus werden neue Projekte und Werke in verschiedenen Medien von Mykhailo Alekseyenko, Volodymyr Budnikov und Vlada Ralko (Ukraine), Rimas Sakalauskas (Litauen), Natalia Vatsadze (Georgien) sowie Ali bey Huseynzade, Salim Turan und Elturan Mammadov (Aserbaidschan) gezeigt.
Im 14. Jahrhundert schrieb Seyid Imadaddin Nasimi: „Die ganze Welt ist Mensch.“ Seine Philosophie besagt, dass jeder Mensch die Realität durch das Prisma seiner eigenen Erfahrungen wahrnimmt und so die Welt um sich herum formt. Jeder von uns nimmt die Realität durch die Linse der persönlichen Erfahrung wahr, und mit dem Tod eines jeden Individuums verschwindet eine ganze Welt – eine Welt, die einzig in seinem Bewusstsein existierte. Dies unterstreicht unsere Verantwortung nicht nur für uns selbst, sondern auch für die Welt, die wir durch unsere Handlungen und Entscheidungen gestalten.
Nasimis Worte „Ich bin der Beobachter und der Beobachtete, ich bin sowohl Licht als auch Dunkelheit, alt und jung“ gewinnen im digitalen Zeitalter neue Relevanz, in dem soziale Netzwerke die Grenzen zwischen Individuum und Kollektiv verwischen. Die Fähigkeit, für sich selbst zu sprechen, und das wachsende Bewusstsein für Identität in all ihren Facetten rücken die Frage des Respekts vor Grenzen – sowohl persönlichen als auch internationalen – in den Fokus. Das Recht auf Würde und Souveränität steht im Mittelpunkt von Prozessen der Inklusion und Dekolonisierung. Nasimis Stimme gehört zu jenen Kräften, die in diesem Kontext Unterstützung, Inspiration und Hoffnung bieten und koloniale Wissenshierarchien infrage stellen.
Philosophische Parallelen finden sich in den Gedanken des ukrainischen Neurophysiologen Oleg Krishtal, der das menschliche Gehirn mit einer „Zeitmaschine“ vergleicht, die zwischen zwei Unendlichkeiten reist. Seine Formel spiegelt Nasimis Philosophie wider: „Unendlichkeit außerhalb, Unendlichkeit innerhalb – und dazwischen ich selbst.“
Die Ausstellung läuft bis zum 26. Oktober.