Es ist ein Gebäudekomplex, der vom Ende des 14. Jahrhundert bis ins 16. Jahrhundert im Hauptteil der Altstadt errichtet wurde. Durch den Anschluss an den aserbaidschanischen Staat der Safawiden im Jahre 1538 wurde der Staat Schirwanschahs aufgelöst. Mit der Schwächung der zentralen Macht entstanden in Aserbaidschan Ende des 17. und im Laufe des 18. Jahrhunderten zahlreiche Kleinstaaten – Khanate, so auch das Bakuer Khanat. Aber noch vor der Bildung des Khanats von Baku hatte der russische Zar Peter der Grosse die Stadt für eine kurze Zeit erobert. So wurde im Jahre 1723 der Palast durch Artilleriebeschuss der russischen Truppen schwer beschädigt. Und nachdem im Jahre 1740 das Bakuer Khanat gebildet wurde, hat man beschlossen, in Küstennähe eine neue Residenz für den Khan zu bauen.
Laut Inschrift über dem Eingang wurde der Palast des Khans errichtet nach dem Hidschri, islamischer Zeitrechnung im Jahre 1164, d. h. 1750-1751 nach Christi Geburt. Entsprechend des Plan-Schemas von 1809 bestand der Palastkomplex aus mehreren ein- und zweistöckigen Gebäuden mit insgesamt mehr als 100 Räumen. Laut Forschungsergebnissen schloss der Palastkomplex des Khans in Baku ein Gästehaus, einen Schlafsaal, eine Moschee, einen Stall, ein Badehaus und ein Hallenbad ein, es gab hier noch ein unterirdisches Brunnen- und Wasserversorgungssystem. Russische Quellen enthalten Berichte über den Zustand des Khanpalastes während der Besatzung Bakus im Jahre 1806 durch russische Truppen: „Im Khanpalast, der für Bulgakow geräumt wurde, erregte die Aufmerksamkeit unserer Offiziere historische Gemälde der persischen Truppen, sehr geschickt gemalt an den Wänden mit Ölfarben und vergoldet. Sie wurden mit den langen Meisseln für den Sieger von den Wänden abgeschlagen, und einige davon gingen, überraschenderweise, nicht kaputt. Im Allgemeinen demonstrierte dieses Haus deutlichen Reichtum: Türen und Rahmen aus Rot- und Platanenholz, viele teure Teppiche, Seidenstoffe, und hier befanden sich sogar, entgegen der asiatischen Sitte, mehrere Spiegel.
Es war offensichtlich, dass der Khan es mit der Abfahrt nicht eilig hatte. All diese Güter wurden von unseren Leuten gründlich aufgeräumt, sodass nichts mehr übriggeblieben war.“ (6) Der renommierte russische Militärhistoriker V. A. Potto bemerkte in seinem Werk „Der Kaukasische Krieg“, das im Jahre 1806, nach der Einnahme Bakus durch die russische Armee erschien, dass für den Bau von Kasernen mehrere historische Viertel der Stadt zerstört wurden, und im Palast des Khans, wo General Bulgakow einzog, eine Rekonstruktion mit Elementen der russischen Baukunst durchgeführt wurde. Die Wohnhäuser in Baku hatten in 17. und 18. Jahrhunderten ähnliche Struktur und Ausstattung wie im Nahen und Mittleren Osten, d. h. sie hatten Aussenwände mit Fenstern, die sich nur zum Innenhof öffnen liessen. Der russische Reisende und Professor der Kasaner Universität, I. Beresin, der Baku 1842 besucht hatte, weist in seinen Reiseberichten darauf hin, dass die Häuser der Stadt nahezu ähnlich aussehen, die Unterschiede merkt man im Innenraum, die mit der finanziellen Situation des Besitzers zusammenhängen. Die Holzteile – Dach, Böden, Fenster bestanden aus Kiefern-, Fichten- und Eichenholz, das aus dem Iran und Russland geliefert wurde. In wohlhabenden Häusern waren die Decken mit vergoldeten Mustern verziert und die Böden waren mit Teppichen ausgelegt.
Der russische Reisende besichtigte eher Gebäude und Bauwerke, die zum Palastkomplex des Khans gehörten, und die damals teilweise noch ihr ursprüngliches Aussehen behalten hatten. Es ist anzumerken, dass hinter den Stadtmauern, damals im Vorstadtbereich, noch ein Khanpalast und ein Landsitz des Khans standen. Darauf hatte in seinem Reiseführer auch der deutsche Reisende S. Gmelin hingewiesen, der im August 1771 Baku besucht hatte: „Das Khan-Haus mit einem schönen Garten, in der Nähe der Meeresküste gelegen, wird zurzeit renoviert und befindet sich weit von anderen Gebäuden.“ Weiter wird bemerkt, dass kurz davor im Nordwesten der Stadt, in Meeresnähe, „noch ein schönerer“ Palast im orientalischen und europäischen Stil erbaut wurde, in dem der Khan sich „mit zweien seiner Frauen zusammen“ niederliess. Es ist zu beachten, dass der angegebene Landsitz auf der Karte von Baku und seiner Umgebung, gefertigt im Jahre 1861 vom Offizier der russischen Armee, Hydrograf Ulski, eingezeichnet ist.
Eine interessante Geschichte hat auch ein Gemälde, das einst ein Teil der Innenausstattung des Khanspalasts in Baku war und jetzt im Berliner Museum für europäische Kultur ausgestellt ist. Gemalt hat das Bild der deutsche Künstler und Ethnograph August Wilhelm Kiesewetter (1811-1865). Nachdem er zwei Jahre lang auf der Krim gelebt hatte und zum Islam konvertiert war, nahm er den Namen Abdullah an und studierte die Kultur und Traditionen der Krim-Tataren, sammelte ethnografische Materialien und Berichte über lokale historische und architektonische Denkmäler, und stellte all dies in einer Reihe von Gemälden dar. Im Jahre 1848 kam er mit einer Handelskarawane nach Eriwan (Irawan) und besuchte danach Schamakhi. In den Jahren 1848- 1849 lebte er in Baku und schuf malerische Werke, die das Panorama von Baku und Szenen des alltäglichen Lebens der Stadt widerspiegeln und einen unbestrittenen ethnographischen Wert haben. Diese Gemälde werden derzeit in verschiedenen Museen Deutschlands aufbewahrt. Eins der Gemälde heisst „Gastzimmer mit den Spiegeln im Palast des letzten Herrschers der BakuFestung“ und hat einen grossen Wert als einzigartige Darstellung des Innenraums des Bakuer Khanspalasts. Das Gemälde, das mit Ölfarben angefertigt wurde, wurde vor kurzem entdeckt und davor war die Existenz eines Gastzimmers mit Spiegeln nur aus den Aufzeichnungen der Reisenden und Militärs bekannt, und durch mündliche Überlieferungen. Das Gemälde zeigt die Innenausstattung des Raumes sehr detailliert, inklusive Wandgemälde mit Porträts, die offenbar Vertreter der Khan-Familie darstellen, Stickereien und Teppichen sowie Details der Baukunst. Nah am Gastzimmer gibt es eine gewölbte Galerie „Schakhnischin“, die typisch für mittelalterliche Paläste und Landsitze Aserbaidschans ist, deren obere Teil mit bunten Glasstücken – Schebeke – verziert werden.
An beiden Rändern der Galerie sind deutlich hohe Emporen zu erkennen, einige davon sind mit Teppichen bedeckt und in der Mitte steht ein Brunnen. Das Gemälde stellt den Innenraum des Palasts meisterhaft und realistisch dar und widerspiegelt dessen Ausstattung sehr genau, um es anders zu sagen, fast wie eine Fotografie. Im Grunde genommen weist der Palast der Baku-Khane ausser einigen architektonischen Verzierungen keine Luxuselemente auf, die für viele andere Bauwerke dieser Art typisch sind. Seine lakonische und zugleich edle Erscheinung ist charakteristisch für die traditionelle Bakuer Baukunst. Also das neu gefundene Gemälde von Kiesewetter erweitert unsere Vorstellungen über die Lebensweise der BakuKhane im 18. und 19. Jahrhundert erheblich. Die weiteren Gemälde, die der Künstler in Baku geschaffen hatte, sind eine wertvolle Quelle zur Geschichte, Architektur und Ethnographie der Hauptstadt Aserbaidschans.
Saadat ALEKBEROWA
Literatur:
1. Искендерова М. Бакинское ханство. Баку, 1999, с.150
2. Əliyeva R. Bakı Xanları Sarayı Kompleksi və onun qorunması. ŞOBMA; Memarlıq, şəhərsalma tarixi və bərpası. Toplu № 2(16), 2018, s. 11
3. Əliyev İ.N., İbrahimov K.F., Axundov E. 2016-cı ildə Bakı xanlarının saray kompleksi ərazisində aşkar olunan hamamda aparılmış arxeoloji qazıntılar haqqında // Azərbaycan Arxeologiyası və Etnoqrafiyası jurnalı, № 1, İllik toplu. Bakı, 2017
4. Березин И. Путешествие по Востоку. I ч. Казань, 1849, с. 218-219
5. Гмелин С. Путешествие по России для исследования трех царств природы. Ч. 1. СПб, 1777, с. 81
6. Жизнеописание генерал-лейтенанта Глазенапа // Кавказцы или подвиги и жизнь замечательных лиц, действовавших на Кавказе. СПб, 1837, стр.25
7. Миклашевская Н.М. Стенные росписи Азербайджана XVIII–XIX вв. // Архитектура Азербайджана (очерки). Баку, 1952, с. 467
8. Потто В.А. Кавказская война. От древнейших времён до Ермолова, т.1., Кавказская линия, глава 3. Булгаков. СПб, 1899, с. 469-470